Gute Führung in schlechten Zeiten

Stellt die Coronakrise gänzlich andere, völlig neue Anforderungen an Führungskräfte? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Zunächst einmal ist die Krise in ihrer Dimension riesig, aber nicht einzigartig. Es gibt und gab in den letzten einhundert Jahren genügend Krisen, die Menschen in Not und Elend gestürzt haben: Ebola, Schweinepest, Rinderwahnsinn und Malariaepidemien, um nur einige erregerinduzierte Krisen zu nennen. Das Platzen der Dot-com-Blase 2008 und der Börsencrash 1929 sind zwei Beispiele wirtschaftlicher Desaster. Doch keine dieser Krisen verbindet eine hohe Sterblichkeit mit einem so hohen wirtschaftlichen Schaden wie die Corona Pandemie. Sie wütet auf der ganzen Welt, tötet Menschen und verbrennt Geld.

Insofern hat sie was Einzigartiges. Wenn man jedoch genauer hinsieht, zeigt sich ein anderes Bild. Krankenhäuser z.B. arbeiten unter erschwerten Bedingungen, aber sie machen nicht grundsätzlich etwas anderes als das, was sie sonst auch tun. Sie behandeln Menschen, die mehr oder weniger schwer erkrankt sind. Das können und beherrschen sie. Zumindest wenn die Fallzahlen nicht die Kapazitäten sprengen. Und das tun sie zur Zeit nicht.

Daher müssen Führungskräfte in Kliniken keine besonderen Fähigkeiten hinzugewinnen. Keine, über die sie nicht ohnehin schon verfügen. Mitarbeiter motivieren, Vertrauen vermitteln, nach Lösungen suchen, Engpässe managen, offen und ehrlich kommunizieren, Entscheidungen vorbereiten und treffen, sind Fähigkeiten, die jetzt gefordert sind, aber keine Führungskraft vor gänzlich neue Herausforderungen stellt.

Auch das Handling von Unsicherheit ist nichts, was nicht beherrscht wird. Mit einem Unterschied, niemand kann zum jetzigen Zeitpunkt sagen was passieren wird. Werden wir überschwemmt mit todkranken Patienten? Werden Mitarbeiter in großem Ausmaß infiziert? Kommt es zu langanhaltenden Schaukelbewegungen zwischen infiziert, geheilt, neu infiziert? Dauert die Pandemie länger, vielleicht ein, zwei Jahre? Ist kein Geld mehr da? Diese Unwägbarkeiten sind neu und konnten von Führungskräften nicht geprobt oder geübt werden. Weder in der Realität noch in Workshops.

Hier ist Führung gefragt und muss Neues lernen. Nicht den Umgang mit Unwägbarkeiten, den beherrschen alle, sondern mit dem Managen von Unwägbarkeiten über vielleicht lange Zeiträume, deren Auswirkungen nicht vorhersehbar sind. Vor diesem Hintergrund scheint es ratsam, dass Führung sich mit dem Thema „alles ist möglich“ auseinandersetzt. Was wollen wir machen, wenn…. Wie wollen wir reagieren, falls….. Darauf gibt es keine abschließenden Antworten, außer dieser: Wir werden sehen…. und tun, was dann möglich ist, getan werden kann oder muss.

Was also ist das Neue, das auf Führungskräfte zukommt? Planen in Szenarien für alle aus heutiger Sicht denkbaren Situationen mit unklarer Dauer und Umfang. Das ist neu. Diese Szenarien müssen bei Bedarf abgerufen, modifiziert oder schlicht festgestellt werden, dass es zum gegebenen Zeitpunkt kein geplantes Vorgehen gibt, das abgearbeitet werden kann. Um dann eines aus dem Boden zu stampfen und anzunehmen, dass das, was wir dafür wissen müssen, vorhanden ist. Die Schlüsselqualifikation dafür heißt Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit.

PS
Aus unserer Sicht gilt das für viele (fast alle) Branchen und nicht nur für Kliniken.