Zuerst ich, der Rest ist mir egal.

Das Geld ist knapp, jetzt wo fast alles wegen des Lockdowns still steht. Kleine wie große Unternehmen trifft es. Einige hart, andere existenzgefährdend. Manche haben Rücklagen, können sich einige Wochen, vielleicht gar Monate über Wasser halten. Für andere undenkbar. Freiberufler, Selbstständige oder Cafebetreiber*innen, um nur einige zu nennen, kämpfen um ihre Existenz. Um ihnen zu helfen, haben Bund und Länder Auffanglösungen erdacht. Zuschüsse, Kredite oder andere Hilfen sollen denen zugute kommen, die es am nötigsten haben.

Doch wie es scheint, haben das einige nicht verstanden. Aus meinem beruflichen Umfeld erfahre ich, dass bisher sehr gut verdienende Berater*innen schnell mal einen Antrag ausfüllen, um an diese oder jene Unterstützung zu gelangen. Mit Erfolg. Weil sie wissen wie es geht und weil sie Ahnung haben, wo und wann es diese Gelder gibt, sind sie im Vorteil. Und nutzen ihn. Das kann man machen, ist aus meiner Sicht aber nichts weiter als eine große Sauerei. Denn die, über die ich hier schreibe, benötigen das Geld nicht. Sie nehmen es, weil es vorhanden ist.

Dabei spielt es für mich auch keine Rolle, ob sie es vielleicht irgendwann, weil sie es unrechtmäßig bezogen haben, zurückzahlen müssen. Ich erwarte, dass sie einen solidarischen Beitrag leisten und es gar nicht erst nehmen, damit andere, denen das Wasser bis zum Hals steht, weiter machen können.

Es handelt sich hier nur, aber immerhin, um einige Tausend Euro im fünfstelligen Bereich. Es bedarf keiner großen Fantasie sich auszumalen, dass es viele andere noch wilder, will heißen, in noch größerem Ausmaß treiben. Missbräuchliche Nutzung von Hilfen, wohlgemerkt nicht im rechtlichen, sondern im solidarischen Sinne, wird es auch in anderen Branchen geben. Es gibt überall diese Art von parasitären Nutznießern. Keine Frage, die überwiegende Zahl der Anträge ist vermutlich berechtigt, doch dadurch werden die wenigen unberechtigten nicht salonfähig oder gar tolerabel.

Wo es geht, sollten wir dieses „zuerst ich, der Rest ist mir egal“ verurteilen und Stellung beziehen. Wenn wir davon erfahren, müssen Sätze wie diese fallen: „Das ist nicht in Ordnung, was du da machst – lass es sein!“

Viel Glück. Sie werden es brauchen. Denn Menschen wie Sie, die dieses Verhalten verurteilen, werden nicht gemocht. Doch das kleine Cafe, in dem Sie Ihren geliebten Cappucino trinken, wird es Ihnen danken. Weil es mit den finanziellen Hilfen und durch Menschen wie Sie, die Corona-Krise überstanden hat.

Von Rolf Schröder

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