Laut Statista leben in Deutschlands Haushalten ca. 12 Millionen Hunde. Sie sind meist nicht berufstätig und führten, bis vor kurzem, ein unbeschwertes Leben zwischen Müßiggang und Dosenfutter. Doch das ist jetzt vorbei. Covid-19 hat auch ihr Leben radikal auf den Kopf gestellt. Herrchen, Abteilungsleiter eines mittelständischen Gesundheitsunternehmens, macht Homeoffice. Und das ändert alles.
Vor sechs Jahren hat Herrchen den Hund Robert, eine Mischung, aus Terrier und Zwergziege, aus dem hiesigen Tierheim geholt. Seit dieser Zeit hat Robert ab 08.00 Uhr morgens, wenn Herrchen in die Firma geht, die gesamte Wohnung für sich. Wenn man die beiden Katzen außer acht läßt. Robert betrachtet sie aber ohnehin, als nicht zur Hausgemeinschaft gehörig. Geduldet, aus humanitären Gründen, so sieht er das. Robert lässt sie stets links liegen. Auch weil sie diese unangenehme Angewohnheit haben, ihn mit ihren messerscharfen Krallen zu bearbeiten. Vorzugsweise, in dem sie auf seinen Rücken springen, sich dort festkrallen, als wären sie auf einem Bullriding Turnier um dann seine Nase in feine blutige Streifen zu zerlegen. Als wollten sie Aufschnitt daraus machen. Geschenkt. Blöde Katzen. Darüber kann Robert nur lachen.
Doch was jetzt passiert, Herrchen macht Homeoffice, darüber kann Robert nun ganz und gar nicht lachen. Vorbei die Zeiten, in denen ab acht Uhr sturmfrei war. Jetzt ist ER da. Robert hat sich angewöhnt ihn fortan nicht mehr Herrchen zu nennen, sondern nur noch ER. Wer Roberts Leben so durcheinander bringt wie ER, hat das Recht auf die respektable Bezeichnung Herrchen verspielt. Aus und vorbei. Vorbei auch die schöne Gewohnheit um sieben Uhr eine prall gefüllte Schüssel, dieses exzellenten Hundefutters aus biologischen Zutaten vorzufinden. Vorbei, denn ER hat wichtige Termine. Telefon- und Video-Calls, wie ER sie nennt. Die natürlich nicht warten können. Das Robert, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, irreparable Schäden durch unregelmäßige Mahlzeiten davontragen wird, geschenkt.
Das alles wäre irgendwie noch zu verkraften, doch nun hat ER seine Fürsorgepflicht entdeckt. ER ist schließlich Führungskraft und verantwortlich für das Wohl und Wehe seiner Mitarbeiter*innen. Und da ER nun Homeoffice macht und Robert da ist, ist Robert ein Mitarbeiter um den sich gekümmert werden muss. Besonders in diesen harten Zeiten. Und da gibt es ein Problem, dass ER lösen muss. Der tägliche Spaziergang mit Robert führt in den nahe gelegenen Park und dort über eine ausgedehnte Wiese. Diese Wiese betreten viele andere Menschen. Die dort auf Gras niesen und vielleicht sogar spucken. Folglich muss die Wiese mit Corona-Viren geradezu überschwemmt sein. Robert wird förmlich in Viren ertrinken, seine Pfoten zur Heimat ganzer SARS-Stämme. Gruselig denkt ER.
Das Problem ist zu komplex und in seinen Auswirkungen zu groß, als das ER das allein entscheiden kann und will. Robert sieht wie ER einen Video-Call mit seinem Haus und Hof-Coach führt.
ER: Stellen Sie sich vor, wenn Robert die Pfoten voller Viren hat, was kann da nicht alles passieren?
Coach: Ist das nicht ziemlich unwahrscheinlich?
ER: Unwahrscheinlich ist heutzutage gar nichts. Schließlich schläft Robert bei mir. In meinem Bett. Nun ja, es ist ja so, Robert leckt morgens gern meine Zehen. Ein kleines nettes Ritual, Sie wissen schon. Wenn er zuvor also auch seine Pfoten….. Dann überträgt er doch das Virus? Vielleicht kann eine mutierte Form sogar über Bettdecken laufen. Zudem gehöre ich mit meinen 53 Jahren zur Risikogruppe und kann mir das gerade jetzt nicht leisten.
Coach: Ich habe von solch einem Fall noch nicht gehört.
ER: Irgendwann ist immer das erste Mal. Was kann ich also tun?
Coach: Gehen Sie mit Robert nicht mehr über die Wiese.
ER: Das ist keine Lösung, die Viren sind überall. Wir sehen sie nicht. Sie sind ja extra so klein, damit wir sie nicht finden können. Wenn sie groß wie Regenwürmer wären, wäre das alles kein Problem. Aber ich hab eine Lösung. Wieso bin ich da nicht früher drauf gekommen. Danke für das Gespräch. Ich melde mich wieder.
Eigentlich hat sich Roberts Leben seit diesem Video-Call nicht großartig verändert, sieht man von den selbst genähten Stoffschuhen ab, die ER ihm jetzt jedes mal vor dem Gassi-gehen über die Pfoten zieht. Ein wenig rutschig sind die Dinger ja schon, aber was soll`s, sie machen in ihrem Knallpink richtig was her.
PS
Wo hat ER bloß den Stoff her?