Die Verschwörung

Dunkle Mächte sind am Werk und wollen uns unser mühsam erkämpftes Grundrecht nehmen, das Recht nicht warten zu müssen. Unvorstellbar, uns droht, dass nichts mehr sofort passiert. Wie sollen wir dann noch unsere lebensnotwendigen Change-Prozesse auf die Reihe bekommen?

Das Angebot war äußerst verlockend, eine Jacke wie ich sie immer haben wollte, zu einem attraktiven Preis. Die Abwicklung des Kaufs im Online-Shop des Anbieters bestens. Eine Bestätigungsmail landete prompt in meinem Postfach. Darin, klein und unauffällig das Lieferdatum: Ende März 2023. Tag der Bestellung: 09.12.2022. Das Unternehmen möchte den Grund meiner Stornierung erfahren. 3/2023? Es ist nur eine Jacke Leute, kein Tornado Kampfjet.

Als intensiver Nutzer von Online Shops bin ich über die Jahre daran gewöhnt, dass die Wartezeiten kürzer und kürzer wurden. Zur Zeit wird vieles innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach Kauf geliefert. Von oben beschriebenen Kampfjets und kommpletten Kücheneinrichtungen abgesehen. Nahezu vier Monate für eine Jacke? Nun ja, das ist dann doch zu lange. Es sei denn, die Jacke ist mir so wichtig, dass ich berteit bin, zu warten.

In allen Unternehmen, ob Profit oder Non-Profit, gibt es Defizite die beseitigt werden müssen. Strategien werden entworfen, Pläne gemacht und Projekte gestartet. So verschieden sie alle sind, eines haben sie gemeinsam, es brennt und die Änderungen müssen schnellsten, am besten Gestern erfolgen. Sonst? Ja, sonst geschieht etwas unfassbar schlimmes, grausames, existenzbedrohendes.

Zeitraffer. Etliche Monate später. 10% der Projekte stehen noch, tänzelnd, doch schon ein wenig abgeschlafft an der Startlinie. 50% feiern Bergfest, haben also die Hälfte der Strecke zurückgelegt während 30% im geplanten Zeitraum erfolgreich beendet wurden. Über den Verbleib der restlichen 10% gibt es keine Erkdenntnisse. Möglicherweise wurden sie in ein schwarzes Loch gezogen, um dort der ewigen Verdammnis anheim zu fallen.

Es könnte sein, dass viele Projekte mit meinem Jackenkauf etwas gemein haben, das lange Lieferdatum. Es ist ja nicht so, dass diese Projekte und es sind einige, nicht sinnvoll und notwendig wären, von Ausnahmen abgesehen. Sie müssen gemacht werden und das schnell. Also werden ambitionierte Zeitpläne erstellt. Enge Zeitpläne. Fertigstellung bis zum XX XX XX. Und dann passiert es, die Verschwöung der dunklen Mächte des Kleingedruckten. Die tatsächlichen Lieferzeiten werden bekannt gegeben. Klein und nahezu unsichtbar. Aber vorhanden.

Vieles dauert länger. Wesentlich länger sogar. Wir wissen das. Natürlich. Aber wir wollen es nicht sagen. Würden wir die realistischen Lieferzeiten angeben, würde es niemand wollen, machen oder absegnen. Doch das ist nicht wahr. Wir müssten uns nur ehrlich die Frage stellen, ob wir das Projekt wollen wie wir es geplant haben und ob wir es auch zu den realistsischen Bedingungen wollen. Anderenfalls sollten wir es ändern, neu aufsetzen, anders strukturieren und umbauen. Aus meiner Sicht hat der realistische Umgang mit der tatsächlich benötigten Zeit und hier sei nur am Rande erwähnt, mit den tatsächlichen Kosten mehr Vor- als Nachteile.

Im März nächsten Jahres schaue ich noch mal. Vielleicht gibt es die Jacke dann mit 48 Stunden Lieferzeit.

Ihnen allen ein Frohes Fest und einen guten Start ins Jahr 2023. Mit alter oder neuer Jacke. :-)) Ihr Rolf Shröder

Von Rolf Schröder

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