Performen bis zum umfallen

So gnadenlos wie Amazon gehen deutsche Unternehmen mit ihren Angestellten zwar nicht um, doch auch hier wird versucht sogenannte Lowperformer los zu werden. Dabei ist das gar nicht sinnvoll, denn diese Gruppe legt den Finger auf ein ganz anderes Problem, das Management.

Amazon steht am Pranger. Das Unternehmen beutet seine Angestellten bis an die Grenzen des Zumutbaren aus und nicht selten weit darüber hinaus. Mit ihren Bewertungsverfahren verfolgen sie eine knallharte Personalpolitik. Wer nicht leistet fliegt raus. Die Methode der sich Amazon bedient hört auf den süßsauren Namen Forced Ranking. Erfunden hat sie Jack Welch. Ehemals Vorstandsvorsitzender des US-Elektronik Multi General-Electric.

Forced Ranking geht von der Prämisse aus, dass die normale Verteilung der Mitarbeiter der 20-70-10 Regel folgt. 20 Prozent sind Topleister (High-Performer), 70 Prozent Normalleister (Performer) und die restlichen 10 Prozent sind Minderleister (Low-Performer). Ziel des Forced Ranking ist die Identifizierung der Low Performer um sie raus zu schmeißen.

Zu Schülerzeiten gab es in unserer Hinterhof Fußballmannschaft alles was die Natur so hergab. Winzlinge wie mich, die einen Fuchsbau zu betreten konnten ohne den Kopf einzuziehen. Oder der kleine Dicke, mit dem man den Platz hätte walzen können wenn er sich denn hingelegt hätten. Er war kein genadeter Fußballer, doch niemand war wie er in der Lage, die Mannschaft anzutreiben. Dann war da noch der große Schlacksige, dessen Gliedmaßen ein bedrohliches Eigenleben führten mit denen er jeden Gegner vom Ball trennte der in seine Nähe kam. Und natürlich gab es die Cracks. Die nicht Fußball spielten, sondern Fußball waren. Die Lionell Messis unserer Hinterhöfe.

Wer in welcher Mannschaft spielte, das entschieden immer zwei Cracks. Abwechselnd suchten sie aus dem bestehenden Pool von Kindern die aus die sie in ihrer Mannschaft haben wollten. Auch wenn sie natürlich die bsten immer zuerst auswählten, klar war dass alle Kinder in die Mannschaft gehol wurdent. Dicke, kleine, schlacksige, egal. Waren es zuviel Kinder für eine Mannschaft, wurden sie Auswechselspieler, Balljungen oder Masseure.

Standen die Mannschaften fest mußte geklärt werden wer in der Verteidigung, im Sturm im Tor usw. spielte. Wenn der kleine Dicke für sich den Posten des Mittelstürmers beanspruchte war klar was er von den anderen zu hören bekam. „Boh äh, du brauchst zwei Jahre um einmal über den Platz zu rollen und wenn du zurück bist, noch einmal drei Jahre um dich zu erholen. Du gehst ins Tor. Stellt dich in die Mitte, dann hast du es zu den Pfosten nicht so weit.“ Und so bekam jeder, seinen Fähigkeiten entsprechend seine Position im Team. Die Verteilung erfolgte durch alle Kinder. Nur wenn es Streit gab, griff der Crack (Mannschaftskapitän) ein und bestimmte.

Ich habe nie Menschen kennen gelernt die nichts leisten wollten, sondern nur welche die an der falschen Stelle waren. Ein kleiner Dicker gehört nicht in den Sturm. Wer ihn dorthin gestellt hat, hat eine falsche Entscheidung getroffen. Doch unser kleiner Dicker ist Teil des Teams und hat Qualitäten die es zu nutzen gilt. Ihn jedoch in die Konkurrenz mit den Cracks der Abteilung zu jagen, heißt ihn zu demütigen, zu entmutigen und ins Unglück zu schubsen. Das hat niemand verdient.

Passt es am Ende gar nicht, läßt sich keine, den Fähigkeiten entsprechende Position finden, dann sollte eine Kündigung ausgesprochen werden. Auch wenn das schmerzlich und arbeitsrechtlich schwierig ist. Forced Ranking betreiben um Mitarbeiter unter Druck zu setzen, die Konkurrenz innerhalb der Teams bis ins unermessliche zu steigern und eine Kultur von Angst und Schrecken zu etablieren, das ist Menschen verachtend und zeigt nur die Unfähigkeit des Managements leistungsfähige Teams zusammen zu stellen.

 

Von Rolf Schröder

Wir beraten Sie in Sachen Führung und Management. Von der Entwicklung innovativer Strukturen, über Konflikt- und Krisenbewältigung bis zum persönlichen Coaching.