Online. Privates in der Arbeitszeit?

Vier von fünf Arbeitenden in Deutschland sind mehrmals täglich online. Das behauptet der Global Privacy Report von Kaspersky. Okay, so weit so gut. Ich glaube ja, dass der Anteil nahe 100% liegt. Mal eben eine Mail checken, kurz auf eine eingehende WhatsApp, Instagram oder Facebook Nachricht schauen. Das machen wir alle. Woher ich das weiß? Dazu eine Beobachtung. Meine Arbeit führt mich regelmäßig durch Unternehmensflure, Büros, Meetingräume über Parkplätze und vor allem, an den Raucher*innen Ständen auf dem Gelände vorbei. Vor einigen Jahren standen die Leute in diesen zugigen Unterständen, die manchmal Bushaltestellen glichen, rauchten und führten auf Zigarettenlänge einen kleinen Plausch mit den anderen. Dann gingen sie wieder. Heute wird immer noch geraucht, geredet, jedoch gleichzeitig aufs Handy geschaut. Wohlgemerkt, es handelt sich nicht um die Mittagspause, sondern um die kleine Pause zwischendurch. Ist also keine Freizeit.

Ist das private online gehen schlimm? Kommt darauf an. Arbeitsrechtlich ist die Sche einigermaßen klar. Während der Arbeitszeit haben wir zu arbeiten, sonst nichts. In den Pausen können wir machen was wir wollen. Soweit die harten Fakten. Doch es gibt eben auch den Graubereich, zwischen ausdrücklich erlaubt und eindeutig verboten. Und in diesem milchigen Bereich spielt sich der größte Teil unserer täglichen Arbeit ab. Zuhause anrufen, private Mails cecken, Zahnarzttermin vereinbaren oder das Auto zur Werkstatt bringen. Alles wird (oft) während der Arbeitszeit erledigt. Und geht von der Zeit ab, die wir für unsere beruflichen Aufgaben zur Verfügung haben. Daher auch das schlechte Gewissen wenn die Vorgesetzten vorbei kommen. Schnell den Bildschirm wechseln, das Handy unter einem Stapel Papiere verschwinden lassen oder beim Telefonat so tun, als sprächen wir mit Kunden.

Dabei gäbe es dafür eigentlich keinen sachlichen Grund. Denn die meisten von uns arbeiten auch außerhalb der Dienstzeiten. In der U-Bahn noch kurz einer Kollegin antworten, dem Kollegen, „puh vergessen“ die Präsentation für morgen senden etc. etc. Das ist so normal wie verständlich und wird meist vom Arbeitgeber erwartet. Im Gegenzug wäre der Einzug privater (Online)-Tätigkeiten mehr als gerecht. Doch das gibt es nicht. Es bleibt bei diesem milchigen, undurchsichtigen Bereich des „wo kein Kläger, da kein Richter“. Der Preis, den wir zahlen ist die Unsicherheit und das Wissen um das Damoklesschwert des Verbotes. Und es ist durchaus scharf und wird gelegentlich, während eines Kündigungsschutzverfahren, vom Arbeitgeber gezückt.

Um diesem ganzen Schlamassel aus dem Weg zu gehen scheint mir eine Umkehrung hilfreich. Private Online Aktivitäten während der Arbeitszeit sind ausdrücklich erlaubt. Punkt. Sollte die Arbeitsleistung darunter leiden, es Unstimmigkeiten mit den Kolleg*innen („Ständig ist sie/er online und alles bleibt an mir hängen“) wird das besprochen. Auch ein Entzug dieser Freiheit für Einzelne bis hin zur Kündigung geben genügend Möglichkeiten Missbrauch zu verhindern. Doch erst einmal gilt das Vertrauen, dass die Mitarbeiter*innen diese Freiheit mit Augenmaß nutzen und die Zeit des schnellen wegklickens privater Seiten hat ein Ende. Und damit auch das schlechte Gefühl etwas Verbotenes zu tun. Davon profitieren alle.