Veränderung. Mit Begeisterung vor die Wand.

Wissen Sie wie das ist, wenn Ihnen vor lauter Begeisterung die Gäule durchgehen? Ihre Ideen sprudeln wie die Fontäne des Trevi–Brunnen in Rom. Und jedes weitere Wort entfacht immer noch mehr Begeisterung bei Ihnen. Bis Sie einen kurzen Seitenblick auf die Menschen um Sie herum aufschnappen. Die schauen aus wie eine Gruppe Kapuzineräffchen die einen Artgenossen dabei beobachten, wie er versucht eine Banane mit einem Schweißbrenner zu öffnen. In den Blicken der Horde liegt ungläubiges Staunen, vermischt mit bedauerndem Stirnrunzeln und peinlicher Berührung einen solchen Deppen in der Gruppe zu haben. Vor ein paar Wochen war ich ein dieser Depp.

Wir saßen zusammen um die Kommunikation im Unternehmen zu verbessern. Verschiedene Wege wurden besprochen, Software und digitale Werkzeuge die eingesetzt werden sollten, bewertet. Was für einen Hund der leckere Fleischknochen, sind für mich digitale Werkzeuge und Software. Höre ich diese Worte, überschwemmt Speichel meinen Mund, wie sonst nur der Nil seine Ufer flutet. Und im Hirn feuern die Neuronen, als gäbe es kein Morgen. „Oh, ja, da gibt es neben Slack und natürlich Treema auch noch Monday. Wunderbare Tools. Auf dem Gebiet der Colaberation Software eigentlich unschlagbar. Natürlich lassen sich auch gute Ergebnisse MS 365 erzielen. Doch auch hier gibt es starke Wettbewerber mit der GSuite.“ Diese und ein paar weitere Sätze später erwachte ich aus meinem Rausch und sah – die Kapuzineräffchen. Sie sahen mich schon gar nicht als ein Mitglied ihrer Art, sondern betrachteten mich eher wie ein außerirdisches Wesen, dessen Worte der Google Translater noch nicht übersetzen konnte.

Nachdem ich erklärt hatte, dass ich sonst diese Zustände mit Medikamentenunterstützung eigentlich ganz gut im Griff habe, und heute offenbar die Dosis nicht hoch genug war, konnten wir weiter machen. Allerdings spürte ich noch nach einigen Stunden eine gewissen Zurückhaltung bei den Mitarbeiter*innen. Sie schienen nicht sicher, ob mein Zustand stabil blieb.

Veränderungen haben immer mindestens vier Ebenen die es zu berücksichtigen gilt. Das ist die technische Seite. Software, Tools etc. Dann die Seite der Prozesse und der Aufbau und Ablauforganisation des Unternehmens. Zu guter letzt, die vierte Ebene, die der Kultur und Glaubenssätze der Menschen in diesem Unternehmen. Und dieser vierten Ebene habe ich viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Die Menschen hatten mit neuen technischen Lösungen, neuer Software und den versprochenen Verbesserungen in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. Nichts hat funktioniert wie versprochen, stets hat es mehr Arbeit als vorher gegeben und am Ende wurde doch zur alten Verfahrensweise zurück gekehrt.

Ich hätte viel intensiver mit ihnen über ihre Glaubenssätze sprechen müssen. Mehr darüber herausfinden was sie denken, welche Erfahrungen sie gemacht haben und wie Lösungen aussehen sollten, die sie mittragen würden. Und natürlich hätte ich neben den Vorzügen auch auf die möglichen Schwierigkeiten, Hindernisse eines neuen Weges hinweisen sollen. Wie gesagt, Fehler über Fehler die ich gemacht habe und dadurch an den Mitarbeiter*innen schnurgerade vorbeigeredet. Mein Fazit: Halte deine (Lieblings)-Pferde am Zügel, solange das Rennen nicht eröffnet ist. 🙂

Von Rolf Schröder

Wir beraten Sie in Sachen Führung und Management. Von der Entwicklung innovativer Strukturen, über Konflikt- und Krisenbewältigung bis zum persönlichen Coaching.