Inkompetent? Ich, niemals.

Mit der Inkompetenz ist es wie mit dem Tod, es leiden darunter immer die Anderen. Man selbst kriegt es ja nicht mit. Allerdings hat das auch sein Gutes.

In jungen Jahren besaß ich einen R4. Das war ein Auto, an dem die geneigten Besitzer noch alles selbst reparieren konnten. Was ich mit großer Begeisterung und mäßigen Erfolg auch gemacht habe. Seit Autos jedoch die Komplexität ausgewachsener Mondraketen haben, ist das vorbei. Um meine Mechanikerhände dennoch geschmeidig zu erhalten, habe ich Wasserhähne für mich entdeckt. Sie sind übersichtlich, unterliegen nicht der Straßenverkehrsordnung und kennen nur zwei Aggregatzustände, tropfen oder tropfen nicht.

Und unser Badewannenhahn tropfte. Zeit etwas zu unternehmen. Endlich waren meinen Fähigkeiten wieder gefragt. Den ganzen Hahn einfach wechseln, kam natürlich nicht in Frage. Zu einfach und wenig prestigeträchtig. Zumal an dem Tag gerade unser Heizungsmonteur im Haus war und zögerlich nachfragte, ob ich mit der Aktion nicht bis Montag warten wollte. Es ist Freitag und er habe am Wochenende Notdienst… Diese kleine Ratte.

Also ab zum Baumarkt, zwei Innenventile gekauft und wie frisch erlegtes Großwild nach Hause getragen. Wasser abgestellt, Werkzeug angesetzt und raus mit dem alten Kram. Nun ja, es ging ein wenig schwerfällig. Die neuen Teile wollten nicht richtig reingehen. Kein Problem, wozu gibt es die Hebelwirkung. Knackte ein bisschen im Hahn, aber nach kurzer Zeit saßen die neuen Dinger bombenfest. Hauptwasserhahn wieder aufgedreht, anschließend 300 Liter Wasser aus dem Badezimmer geschaufelt, Wandfarbe erneuert, Badmöbel erneuert und drei Föhn tagelang laufen lassen.

David Dunning und Justin Kruger müssen Menschen wie mich vor Augen gehabt haben, als sie ihre Forschungsergebnisse so zusammen fassten:

„Wenn jemand inkompetent ist, dann kann er nicht wissen, dass er inkompetent ist. Die Fähigkeiten die er braucht, um eine richtige Lösung zu finden, sind genau jene Fähigkeiten, die er braucht, um eine Lösung als richtig zu erkennen.“

Allerdings und das ist das Gute an einer schönen, prallen und von Selbstzweifeln verschonten Inkompetenz, sie steigert das Selbstvertrauen enorm, so Dunning-Kruger. Wir (die Inkompetenten) gehen erhobenen Hauptes durch die Welt, sind von unseren Fähigkeiten ebenso überzeugt, wie von den Unfähigkeiten der Menschen um uns herum. Manche, die uns unsere Fähigkeiten absprechen wollen, sagen, wir leiden unter Selbstüberschätzung. Das stimmt doch einfach nicht! Wann, wenn nicht an diesem Freitag, hätte ich die Grundrenovierung unseres Badezimmers denn sonst machen sollen?